"Haltung" ist der Tod jeder Demokratie - totalitäre Pädagogik
In Gesprächen mit netten, gutmeinenden Lehrern über Didaktik kommt zum Vorschein, dass es gerade in meinen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern darum geht, "Haltung" zu vermitteln. Haltung bedeutet so etwas wie die "richtige Einstellung". Was aber ist die "richtige Einstellung"? Für einen Jean-Jaques Rousseau war es der Volonté Générale, der Volkswille. Dieser sei evident, erkannt von vernunftbegabten Citoyens.
Doch überlegen wir hier einmal weiter. Selbst bei kleinen kommunalen Fragen ergeben sich automatisch Dissenzen, die mühevoll zu Kompromissentscheidungen geführt werden. Wie sieht es dann erst bei komplexen, die gesamte Gesellschaft betreffenden Fragen aus? Hier wird es kompliziert, und es ist gerade nicht eine Haltung, die zu Lösungen führt, sondern ein differenziertes Abwägen von Pro- und Contra-Argumenten für und gegen eine Sache.
In meinem pädagogischen Verständnis geht es gerade nicht, eine "Haltung" einzunehmen, die oft rein emotional und ideologisch begründet ist. Es geht darum, den Schülern die Methoden der Wissensaufnahme, der Quellenkritik, der rationalen Abwägung und des Herstellens eines eigenen Urteils zu vermitteln. Nur dadurch werden sie nicht zu unkritischen, konformistischen Bausteinen eines totalitären Systems, sondern zu handlungs- und urteilsfähigen Bürgern. Ideologen wollen das Monopol auf den Zugang zu Wissen und Informationen. Deshalb hassen sie die alternativen Medien so, die nicht auf der ideologischen Klaviatur der GEZ spielen. Es wird sichtbar, dass der Haltungsfaschismus versucht, von der Wiege bis zur Bahre die "Werte" aufrechtzuerhalten, die ihre Ideologien ausmachen. Hier gilt es Einhaltung zu gebieten.
Ich trainiere Schüler darin, immer das Gegenargument zu dem zu suchen, was sie zuerst fühlen. Sie lernen dann, sich in die Rolle des Gegners hineinzuversetzen. Das ist anstrengend, führt aber zu einer vernünftigen Urteilsfähigkeit. Natürlich sehen mich besonders linientreue Pädagogen deshalb kritisch. Gerne!

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